Acht Herzen und 16 Hände auf USA-Reise
Kunz-von Gymnich beflügelt Pianisten
Die Arbeit an musikalischen Meisterwerken halte ihn vom Telefon fern,
spricht Peter Josef Kunz-von Gymnich auf dem Anrufbeantworter. Solche Selbstironie kennzeichnet den sympathischen Musiker. Komponieren ist ein Lebenselixier des Offenbacher Propheten, der im eigenen Land etwas gilt:
1999 hat er die Tradition der ausverkauften Neujahrskonzerte mit acht Pianisten im Büsingpalais begründet. Die gehen am Sonntag in ihre elfte Saison.
Im Bürgeler Engelsgässchen ist Kunz-von Gymnichs Kreativschmiede. Akten mit kompositorischem Eigenbau reihen
sich auf Regalen. Klaviere und Keyboards künden von der Leidenschaft des Tastenmeisters, dem es wieder gelang, acht Offenbacher unter einen Hut zu bringen: "Go West" heißt das Motto. In Werken von Samuel
Barber, George Gershwin, Scott Joplin oder Dave Brubeck schlüpfen Elena Kotschergina, Jürgen Blume, Ronald Fries, Werner Fürst, Olaf Joksch, Hans-Wolfram Hooge und Frank Spannaus in ungewohnte Rollen. Kunz-von
Gymnich ist mit von der spannenden Partie an zwei Flügeln und moderiert auch.
"Bei der Premiere mit Chopin waren die Kollegen skeptisch", erinnert er sich. Doch der überragende
Erfolg gab ihm Recht. Seither sind alle bei der Sache - ob im Komponistenporträt zum Jubiläumsjahr oder in Themenkonzerten wie "Acht Herzen im Dreivierteltakt": An die 50 Tonsetzer haben die Virtuosen
vorgestellt. Die Möglichkeit, acht Interpretationen eines Meisters zu erleben, macht einen Reiz aus - und die Tatsache, dass vier bis 16 Hände im Spiel sind.
Am Anfang stand ein Klimperkasten im Wohnzimmer. Diesen muss Klein-Peter so nervtötend bearbeitet haben, dass
der Vater, Freizeitgeiger, Unterricht verordnete; erst bei Willi Ball, Organist in St. Nikolaus Bieber, der ihn auch Violinspiel und Theorie lehrte; dann am Döbert-Konservatorium und beim vielseitigen Willigis Wade
(Jugendmusikschule); später, während des Schulmusikstudiums in Frankfurt, beim gefürchteten Professor Erich Flinsch.
Als Student sang Kunz-von Gymnich im renommierten Kammerchor Hausen, dessen international bekannter Gründer
Robert Pappert ihn zum Chordirigieren animierte. Die Bieberer Polyhymnia war seine erste Station als Chorleiter, in Hochzeiten hat er sieben Abteilungen beflügelt. "Das hieß Proben von montags bis donnerstags,
am Wochenende Auftritte und Konzerte", erzählt der Offenbacher, der es nie bereut hat, den Lehrberuf mit dem des freien Musikers getauscht zu haben.
"Wenn man flexibel genug ist und eine so tolerante Familie wie ich hat, kann man davon sogar leben",
meint der Vater von Gero (21) und Cara (16), dessen musikbegeisterte Frau Cordelia im Management der Frankfurter Messe tätig ist. 40 Jahre steht er auf der Bühne, in Kompositionen vom Keyboardstück bis zur
Orgelfuge so weltoffen wie als Mensch. Seine Orgelwerke finden via Internet Anklang bis Japan oder Kanada.
Und noch immer liegt ihm die Basisarbeit am Herzen, die manchmal nicht einfach ist.
Etwa dazumal bei der Faschingssitzung in Mühlheims "Rother Warthe", wo er dem Klavier bloß klackernde Geräusche entlockte. Das war so vollgestopft mit Bierdeckeln, dass nur der ehrenvolle
Rückzug blieb - Narrhallamarsch!
KLAUS ACKERMANN 10.01.2009
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